Selbstbestimmtes Leben
Im Rahmen der Ausbildung zur Ordinationsassistentin hat sich meine Tochter Yvonne sich mit dem Thema „Selbstsbestimmtes Leben“ aus ihrer persönlichen Sicht auseinander gesetzt.
Meine Eltern hatten 1996 einen schweren Autounfall. Meine Mutter war damals 31 Jahre jung und saß als Beifahrerin im Auto. Ich war 12 und meine Brüder 8,5 und 4,5 Jahre alt. Es hieß, sie würde nicht überleben, aber sie überlebte, mit der Diagnose Locked-in-Syndrom. Sie sitzt seither im E-Rollstuhl, kann nur ihre Arme bis zum Ellbogen bewegen und hat außerdem eine Stimmbandlähmung und deswegen eine sehr leise Stimme. Die Zeit nach dem Unfall war sie sehr lange im Krankenhaus und anschließend auf REHA. Als sie nach Hause kam, musste verständlicherweise immer jemand für sie da sein. Durch Hilfswerk, Familienhelfer und Großeltern war Unterstützung da, natürlich auch durch meinen Vater.
Doch irgendwann war der Wunsch nach einem eigenen Leben für meine Mutter so stark, selbstbestimmt zu leben und nicht so wie es andere gerne hätten. Und so entschied sie sich eine eigene Wohnung zu nehmen und auszuziehen. Mit Unterstützung von Persönlichen AssistenInnen kann meine Mutter sagen, was sie braucht oder möchte und muss nicht die Entscheidungen anderer Personen akzeptieren.
Aber was bedeutet „Selbstbestimmtes Leben“?
Kontrolle über das eigene Leben zu haben, basierend auf der Wahlmöglichkeit zwischen akzeptablen Alternativen, die die Abhängigkeit von den Entscheidungen anderer bei der Bewältigung des Alltags minimieren.
Den Begriff „Selbstbestimmtes Leben“ bezeichnet ein Konzept, das fordert, dass die Menschen mit Behinderung und deren Interessensvertretung für Selbstbestimmung, Selbstachtung und Chancengleichheit eintreten.
Aus diesen Gründen hat meine Mutter eine Selbsthilfegruppe gegründet, um sich auszutauschen und zu unterstützen.
Meine persönliche Meinung zu diesem Thema ist, dass „Selbstbestimmtes Leben“ für betroffene Personen sehr wichtig ist, denn ich denke, keiner möchte bevormundet werden. Auch wenn es für Angehörige schwer ist, dies zu akzeptieren. Man sollte sich Menschen mit Behinderung gegenüber so verhalten, wie man selbst behandelt werden möchte. Dazu möchte ich ein Beispiel nennen:
Meine Mama hat sich lange Zeit geweigert, eine Notrufuhr in Anspruch zu nehmen, hat sich dann doch überzeugen lassen, nimmt sie aber sehr wenig. Dieser Umstand ist für uns Angehörige sehr unverständlich. Diese Uhr nicht nehmen zu wollen und vielleicht das eigene Leben aufs Spiel zu setzen, wo es doch so einfach wäre, dass in Notsituationen jemand verständigt wird. Wir müssen es jedoch akzeptieren, dass es ihre selbstbestimmte Entscheidung ist.